Schon auch immer noch aktuell
5 stars
Das Buch ist jetzt ziemlich genau 70 Jahre alt und was für Fromm die (psychische) Krankheit der Gesellschaft war, gilt eigentlich immer noch bzw. in potenzierter Form. Er schreibt zwar über die USA, in der er damals lebte, aber wenn ich an Deutschland 1955 denke, möchte ich nicht wissen, wie Fromm auf das heutige Privatfernsehen oder Social Media reagieren würde, wenn ihm damals Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen schon wie eine reine Ablenkungsindustrie vorkamen.
Er beschreibt ziemlich ausführlich, dass der Mensch zwar immer mehr Intelligenz aufbaut (im Sinne von Beherrschung technischer Dinge und Innovationen), dabei aber sein Verstand immer weiter leidet, was an einer Konsum- und Marketing-Neigung liegt, die vom Kapitalismus immer weiter gefördert bis erzwungen wird.
Der Teil des Buches, der sich mit Lösungen befasst, ist kürzer als die Analyse des Problems. Die Vorschläge Fromms gehen in die Richtung von kleineren, lokaleren Strukturen, in denen der Mensch näher dran an …
Das Buch ist jetzt ziemlich genau 70 Jahre alt und was für Fromm die (psychische) Krankheit der Gesellschaft war, gilt eigentlich immer noch bzw. in potenzierter Form. Er schreibt zwar über die USA, in der er damals lebte, aber wenn ich an Deutschland 1955 denke, möchte ich nicht wissen, wie Fromm auf das heutige Privatfernsehen oder Social Media reagieren würde, wenn ihm damals Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen schon wie eine reine Ablenkungsindustrie vorkamen.
Er beschreibt ziemlich ausführlich, dass der Mensch zwar immer mehr Intelligenz aufbaut (im Sinne von Beherrschung technischer Dinge und Innovationen), dabei aber sein Verstand immer weiter leidet, was an einer Konsum- und Marketing-Neigung liegt, die vom Kapitalismus immer weiter gefördert bis erzwungen wird.
Der Teil des Buches, der sich mit Lösungen befasst, ist kürzer als die Analyse des Problems. Die Vorschläge Fromms gehen in die Richtung von kleineren, lokaleren Strukturen, in denen der Mensch näher dran an den wesentlichen Dingen ist und mehr Mitsprache hat. Einiges ist in meinen Augen auch ähnlich zu aktuell diskutierten Dingen wie ein Grundeinkommen (bei ihm nicht bedingungslos und befristet) oder Bürgerräten.
Die Sprache des Buches ist natürlich schon eine etwas andere als heute. Die Sätze sind länger und verschachtelter, als man sie heute typischerweise antrifft. Als eine hohe Hürde habe ich das aber nicht empfunden, auch wenn ich häufiger mal bei einen Satz ein zweites oder auch drittes Mal ansetzen musste. An einer Stelle hatte ich aber ein Verständnisproblem: Fromm beschreibt häufiger, dass der moderne Mensch sehr zu Konformismus neigt und nicht von anderen abweicht, weil er nicht möchte, dass andere schlecht vom ihm denken. Was er für besser hält, hat er für meine Begriffe nicht konkret genug beschrieben. Die tatsächlichen Worte habe ich nicht mehr im Kopf, aber ich habe mich gefragt, ob er nicht dem Querulantentum Tür und Tor öffnet. Vielleicht war in seiner Zeit/seinem Kontext der Nicht-Konformismus noch nicht allzu lange her und damit für damalige Leser noch offensichtlicher als für mich, der "es gar nicht anders kennt"?