kiki reviewed Deutschland Schwarz Weiß by Noah Sow
Review from '22
5 stars
Ich habe das Gefühl, bereits in vielen Bereichen für das Thema aufmerksam zu sein und konnte dennoch viel dazu lernen. Auch sehr gut für den Unterricht geeignet.
Paperback, 346 pages
Published Feb. 15, 2018 by Books on Demand.
Ich habe das Gefühl, bereits in vielen Bereichen für das Thema aufmerksam zu sein und konnte dennoch viel dazu lernen. Auch sehr gut für den Unterricht geeignet.
Wir haben in Deutschland nicht nur ein Rassismusproblem, wir haben leider auch das Problem, dass weiße Deutsche das Problem gern leugnen. Es geht nicht nur um einige Einzelpersonen mit extrem menschenverachtenden Ansichten, sondern um weitverbreitete, alltägliche Meinungen und Verhaltensweisen, vor allem aber um ein System mit institutioneller Macht, an dem wir alle teilhaben, ob wir wollen oder nicht. Das ist unser Problem als weiße Bürger_innen, und wir sind in der Verantwortung, sowohl unser individuelles Fehlverhalten als auch die gesellschaftliche Schieflage zu korrigieren. Noah Sows Buch deckt viele Facetten des deutschen Rassismus‘ ab. Es richtet sich vor allem an weiße Deutsche, öffnet den Blick für rassistische Vorurteile, erklärt Begriffe, geht auf die Geschichte des deutschen Rassismus‘ ein, und veranschaulicht an zahlreichen Beispielen, wie die Idee unterschiedlicher „Rassen“ immer noch unsere Gegenwart prägt und vergiftet. Sow verbindet dabei Sachinformationen mit trockenem Humor und Sarkasmus. Besonders eindrücklich fand ich die Abschnitte, in denen …
Wir haben in Deutschland nicht nur ein Rassismusproblem, wir haben leider auch das Problem, dass weiße Deutsche das Problem gern leugnen. Es geht nicht nur um einige Einzelpersonen mit extrem menschenverachtenden Ansichten, sondern um weitverbreitete, alltägliche Meinungen und Verhaltensweisen, vor allem aber um ein System mit institutioneller Macht, an dem wir alle teilhaben, ob wir wollen oder nicht. Das ist unser Problem als weiße Bürger_innen, und wir sind in der Verantwortung, sowohl unser individuelles Fehlverhalten als auch die gesellschaftliche Schieflage zu korrigieren. Noah Sows Buch deckt viele Facetten des deutschen Rassismus‘ ab. Es richtet sich vor allem an weiße Deutsche, öffnet den Blick für rassistische Vorurteile, erklärt Begriffe, geht auf die Geschichte des deutschen Rassismus‘ ein, und veranschaulicht an zahlreichen Beispielen, wie die Idee unterschiedlicher „Rassen“ immer noch unsere Gegenwart prägt und vergiftet. Sow verbindet dabei Sachinformationen mit trockenem Humor und Sarkasmus. Besonders eindrücklich fand ich die Abschnitte, in denen sie hiesige Verhältnisse (z.B. Institutionen oder den Kulturbetrieb) mit den sprachlichen Mitteln rassistischer Exotisierung und Abwertung beschreibt. An manchen Stellen hat der bitter triefende Sarkasmus mich eher irritiert (meist, weil mich der Wechsel zwischen Sachinformationen und Sarkasmus überrumpelte). Sow geht souverän mit Sprache um und lenkt ihr Publikum zielsicher durch die vielen Aspekte des rassistischen Deutschland, die die weiße Mehrheit immer noch auszublenden versucht. Zahlreiche Beispiele aus Geschichte und Gegenwart veranschaulichen die Wirkungen des rassistischen Systems, in dem wir stecken. Das Buch ist gut recherchiert; als jemand, der häufig Sach- und Fachtexte nutzt, haben mich die Quellen und Ergänzungen in Fußnoten gefreut. Seltsam finde ich, dass es sowohl arabisch als auch römisch gezählte Fußnoten gibt. Vielleicht rührt das aus den Überarbeitungen des Buchs in den zehn Jahren seines Bestehens her; der Sache tut es keinen Abbruch. „Deutschland Schwarz Weiß“ nimmt für unser Land eine ähnliche Position ein wie Reni Eddo-Lodges „Why I‘m no longer talking to white people about race“ (2017) für Großbritannien. Meines Erachtens würde es unser Land weiterbringen, wenn wir mehr über den hiesigen Rassismus reden würden, und Sows Buch ist eine großartige Grundlage dafür.
(Rezension vom 12.9.2020)