Daniel Kehlmann ist unbestritten einer der wichtigsten zeitgenössischen deutschsprachigen Schriftsteller. In diesem Roman nimmt er die Geschichte des Till Eulenspiegels und verlegt sie in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Aus Till Eulenspiegel wird bei ihm Tyll Ulenspiegel.
Am Beginn des Romans begegnen wir Tyll als jungen Müllerssohn in einem namenlosen Dorf. Als Fremde ins Dorf kommen und sich beim Müller einquartieren. Es ist das Jahr 1623.
Tylls Vater, Claus, ist nicht nur ein einfacher Müller. Er ist ein Mann, der sich für die Geheimnisse der Welt und Umwelt interessiert. Im frühen 17. Jahrhundert erregt so etwas Misstrauen. Bei den Fremden im Dorf handelt es sich um Jesuiten, die solch ein Verhalten nicht dulden können und Claus in einem Prozess der Hexerei überführen.
Tyll flieht daraufhin mit der Bäckerstochter Nele aus dem Dorf. Sie schlagen sich fortan an als Gaukler durchs Leben. Kehlmann lässt diese fiktiven Figuren, wie es für einen …
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cochise reviewed Tyll by Daniel Kehlmann
Review of 'Tyll' on 'Goodreads'
5 stars
Daniel Kehlmann ist unbestritten einer der wichtigsten zeitgenössischen deutschsprachigen Schriftsteller. In diesem Roman nimmt er die Geschichte des Till Eulenspiegels und verlegt sie in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Aus Till Eulenspiegel wird bei ihm Tyll Ulenspiegel.
Am Beginn des Romans begegnen wir Tyll als jungen Müllerssohn in einem namenlosen Dorf. Als Fremde ins Dorf kommen und sich beim Müller einquartieren. Es ist das Jahr 1623.
Tylls Vater, Claus, ist nicht nur ein einfacher Müller. Er ist ein Mann, der sich für die Geheimnisse der Welt und Umwelt interessiert. Im frühen 17. Jahrhundert erregt so etwas Misstrauen. Bei den Fremden im Dorf handelt es sich um Jesuiten, die solch ein Verhalten nicht dulden können und Claus in einem Prozess der Hexerei überführen.
Tyll flieht daraufhin mit der Bäckerstochter Nele aus dem Dorf. Sie schlagen sich fortan an als Gaukler durchs Leben. Kehlmann lässt diese fiktiven Figuren, wie es für einen historischen Roman wichtig ist, auf reale Personen der Zeitgeschichte treffen. Hier sind es im Besonderen der böhmische "Winterkönig" Heinrich und seine Frau Elisabeth. Am Rande treten weitere historische Figuren auf, denen Kehlmann seine Stimme leiht. Durch diese Erweiterung der Perspektive gelingt es Kehlmann den Blick zu weiten und ein großes Panorama jener Zeit vor dem Leser auszubreiten.
Auch bei der zeitlichen Perspektive wählt Kehlmann den breiten Ansatz. Die erzählte Handlung ersteckt sich über die gesamte Dauer des Dreißigjährigen Krieges, wobei Kehlmann sich hier auf relevante Ereignisse konzentriert und von da aus sein Erzählnetz spannt. Dabei springt er in den Zeitebenen hin und her. Die Zeit ist für ihn hier nicht nur ein erzählerisches Instrument sondern auch ein gestalterisches Mittel.
Wenn vom Dreißigjährigen Krieg erzählt wird, kommt man an Grimmelshausen Simplicissismus nicht vorbei. Auch Kehlmann nutzt ihn für seinen Roman als Quelle, wenn auch niemals explizit, aber Parallelen sind unverkennbar. Und wie bei Grimmelshausen macht auch Kehlmann deutlich, wie schrecklich dieser Krieg war, wie viel Verheerungen über das Land kamen und welch eine Wüstenei und Verrohnung hinterlassen wurde.
Dies bildet die Grundlage für eines der Hauptmotive dieses Buches, das Erinnern und gleichzeitige Vergessen des alzu Grauenvollens. Deutlich wird das an der Episode des Grafen Wolkenstein. Diese historische Figur wird von Kehlmann kurz vor der Hälfte des Buches eingeführt. Er hat vom Kaiser den Auftrag erhalten, Tyll zu finden und an den kaiserlichen Hof nach Wien zu bringen. Auf der Suche reitet er durch entvölkerte Dörfer sieht Leichenberge und gerät selbst in Gefahr. Wolkenstein ist schon da klar, dass er das in seinen Memoiren nicht so wird darstellen können, weil dieser Schrecken nicht aushaltbar ist. Hier wird eine Parallele zum Genre des historischen Romans deutlich, der für sich immer in Anspruch nimmt Geschichte mit erzählerischen Mitteln so genau wie möglich darzustellen. Kehlmann stellt in seinem eigenen historischen Roman klipp und klar fest, dass dies unmöglich ist. Eine beeindruckende erzählerische Volte.
cochise reviewed Unter der Drachenwand by Geiger Arno
Review of 'Unter der Drachenwand' on 'Goodreads'
5 stars
Mit „Unter der Drachenwand“ erzählt uns Arno Geiger die Geschichte des jungen Wiener Soldaten Veit Kolbe, der nach einer Verwundung an der Ostfront zur Rekonvaleszenz an den Mondsee im Salzkammergut kommt. Die Handlung umfasst das Jahr 1944. Der Mondsee und seine Umgebung wirken wie eine Insel des Friedens im Schrecken des Großen Weltenkrieges.
Doch wie der Buchtitel schon deutlich macht liegen Schrecken und Idylle nah beieinander und gehen auch in einander über. Im Roman bricht der Krieg immer wieder ein, durch Bomberstaffeln, die über Mondsee hinweg fliegen. Später durch Flüchtlinge, die immer zahlreicher werden.
Veit Kolbe ist selbst ein vom Krieg Gezeichneter. Heute würde man ihm eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostizieren. Im Roman spricht er nur von seinen nervösen Anfällen, gegen die ihm nur Ritalin hilft.
Er trifft in Mondsee auf den Querschnitt der deutschen Bevölkerung in der Endzeit des Dritten Reiches. Mehrheitlich sind das Duckmäuser und an den Endsieg Glaubende, …
Mit „Unter der Drachenwand“ erzählt uns Arno Geiger die Geschichte des jungen Wiener Soldaten Veit Kolbe, der nach einer Verwundung an der Ostfront zur Rekonvaleszenz an den Mondsee im Salzkammergut kommt. Die Handlung umfasst das Jahr 1944. Der Mondsee und seine Umgebung wirken wie eine Insel des Friedens im Schrecken des Großen Weltenkrieges.
Doch wie der Buchtitel schon deutlich macht liegen Schrecken und Idylle nah beieinander und gehen auch in einander über. Im Roman bricht der Krieg immer wieder ein, durch Bomberstaffeln, die über Mondsee hinweg fliegen. Später durch Flüchtlinge, die immer zahlreicher werden.
Veit Kolbe ist selbst ein vom Krieg Gezeichneter. Heute würde man ihm eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostizieren. Im Roman spricht er nur von seinen nervösen Anfällen, gegen die ihm nur Ritalin hilft.
Er trifft in Mondsee auf den Querschnitt der deutschen Bevölkerung in der Endzeit des Dritten Reiches. Mehrheitlich sind das Duckmäuser und an den Endsieg Glaubende, aber auch solche, die den Untergang einfach irgendwie überleben wollen. Solitär bleibt der „Brasilianer“, ein gegen seinen Willen zurückgekehrter Einheimischer, der als einziger seine Abscheu gegen über Führer, Volk und Vaterland offen bekundet.
Veit Kolbe schweigt hingegen. Er vertraut sich nur seinen Aufzeichnungen an, die die Erzählstimme dieses Buches bilden. Somit erfährt der Leser seine Beobachtungen und Gedanken und wird von ihm als Erzählstimme voll und ganz eingenommen.
Geiger gelingt es, seinem Schreiben einen ganz eigenen Rhythmus zu geben. Dafür bedient er sich eines einfachen Mittels, des Schrägstrichs. Zunächst stutzt man beim Lesen, aber je länger man liest, um so überzeugender wirkt dieses Stilmittel. Besonders erkennbar wird es, wenn man den Text laut liest.
Doch Veit Kolbe ist nicht die einzige Stimme, die Geiger erzählen lässt. Unterbrochen werden seine Aufzeichnungen durch die Briefe zweier Nebenfiguren. Das sind zum einen die Briefe des Wiener Schülers Kurt Ritlers an seine Freundin Nanni, die an den Mondsee verschickt wurde, sowie um anderen die Briefe einer Darmstädter Mutter an ihre Tochter Margot, die mit ihrer neugeborenen Tochter ebenfalls an den Mondsee verschickt wurde.
Beide Stimmen geben weitergehende Einblicke in die Gemütslage der Deutschen am Ende des Dritten Reiches.
Eine weitere Stimme ergibt sich aus den Aufzeichnungen des Wiener Juden Oskar Meyer, der in seinen Aufzeichnungen über die Flucht seiner Familie nach Budapest berichtet. Die Aussichtslosigkeit und Verzweiflung, die darin zum Ausdruck kommen, gehen einem als Leser besonders nah.
Mit dem letzten Kapitel gelingt dann Geiger ein besonderer Clou. Da er hier mit eigener Stimme spricht, sät er im Leser Zweifel, ob das, was er alles über die letzten 470 Seiten gelesen hat, wirklich Fiktion ist oder ob es nicht auf einer real existierenden Quellenlage basiert. Mit diesem Dreh macht Geiger sein sehr gutes Buch zu eine, Meisterwerk.
cochise reviewed Geschichte des Judäischen Krieges by Flavius Josephus
Review of 'Geschichte des Judäischen Krieges' on 'Goodreads'
5 stars
Die "Geschichte des judäischen Krieges" ist ein Zeitzeugenbericht über den judäischen Krieg, der von 66 bis 70 nach Christi Geburt dauerte und mit der Zerstörung des Tempels und Jerusalems endete. Für das judische Volk war es der Beginn ihrer Diaspora.
Der Autor, Flavius Josephus, war Zeitzeuge dieses Krieges. Geborener Judäer, aber nachdem er in Gefangenschaft geraten war, wechselte er auf die römische Seite und agierte als militärischer Berater für die Römer bei der Belagerung Jerusalems. Durch seine Zeitzeugenschaft ist die Darstellung des Krieges stark subjektiv geprägt. Die Gesamterzählung ist aber stark von der griechischen Geschichtsschreibung eines Thukydides geprägt.
cochise reviewed Komm, süßer Tod. by Wolf Haas
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4 stars
Im dritten Teil seiner Brenner-Reihe hat Wolf Haas seinen Ermittler den Dienst bei der Polizei quittiert. Stattdessen arbeitet er jetzt bei der Rettung. Doch auch hier wird er als Ermittler tätig, als vor dem Wiener AKH ein küssendes Liebespaar erschossen wird.
Bei seinen Ermittlungen kommt Brenner einem Machtkampf im Wiener Rettungswesen auf die Spur und schaut in dessen Abgründe.
Wolf Haas behält seinen Erzählton auch in diesem Brenner-Krimi bei, was die ganze Reihe prägte und ihm viele treue Leser brachte. Denn als Erzähltechnik verwendet Haas einen auktorialen Erzähler, der den Leser die gesamte Zeit duzt und gerne auf Nebensächlichkeiten hinweist oder von der eigentlichen Handlung abschweift. Man hat als Leser das Gefühl, man säße mit dem Erzähler in einem Wiener Beisl, wo er einem die gesamte Geschichte erzählt. Den der Erzählton ist unnachahmlich wienerisch. Während des Lesens wird die eigentliche Handlung im Laufe der Zeit zweitrangig. Man ist viel mehr …
Im dritten Teil seiner Brenner-Reihe hat Wolf Haas seinen Ermittler den Dienst bei der Polizei quittiert. Stattdessen arbeitet er jetzt bei der Rettung. Doch auch hier wird er als Ermittler tätig, als vor dem Wiener AKH ein küssendes Liebespaar erschossen wird.
Bei seinen Ermittlungen kommt Brenner einem Machtkampf im Wiener Rettungswesen auf die Spur und schaut in dessen Abgründe.
Wolf Haas behält seinen Erzählton auch in diesem Brenner-Krimi bei, was die ganze Reihe prägte und ihm viele treue Leser brachte. Denn als Erzähltechnik verwendet Haas einen auktorialen Erzähler, der den Leser die gesamte Zeit duzt und gerne auf Nebensächlichkeiten hinweist oder von der eigentlichen Handlung abschweift. Man hat als Leser das Gefühl, man säße mit dem Erzähler in einem Wiener Beisl, wo er einem die gesamte Geschichte erzählt. Den der Erzählton ist unnachahmlich wienerisch. Während des Lesens wird die eigentliche Handlung im Laufe der Zeit zweitrangig. Man ist viel mehr damit beschäftigt, die sprachlichen Verdrehungen und Abschweifungen zu genießen.
Das Buch ist ein ganz großer Spaß.
cochise rated Asterix in German: 4 stars
cochise rated Mister Aufziehvogel.: 4 stars
Mister Aufziehvogel. by Haruki Murakami
Japan’s most highly regarded novelist now vaults into the first ranks of international fiction writers with this heroically imaginative novel, …
cochise rated Selbst denken: 4 stars
cochise rated Nippon Connection: 3 stars
Nippon Connection by Michael Crichton
During the grand opening celebration of the new American headquarters of an immense Japanese conglomerate, the dead body of a …
cochise rated Per Anhalter durch die Galaxis: 5 stars
Per Anhalter durch die Galaxis by Douglas Adams
The Hitchhiker's Guide to the Galaxy is the first of six books in the Hitchhiker's Guide to the Galaxy comedy …