Content warning Kolonialismus, Shoa
Mahmood Mamdani (2001: 12) hat überzeugend dargestellt, dass den Genozid an den Herero und den Holocaust mehr verbindet als lediglich die Etablierung von Konzentrationslagern und eine gemeinsame Politik der Vernichtung. Es sind vor allem die ideologischen Überschneidungen und Kontinuitäten – etwa die kolonialen und faschistischen Projekte des Sozialdarwinismus und der Biopolitik –, die aufmerksam untersucht werden müssen. Darüber hinaus ist es wichtig, die Verbindung zwischen dem Verlust der deutschen überseeischen Kolonien und der nationalsozialistischen Expansionspolitik in Osteuropa als eine Form der »inneren Kolonisierung« zu berücksichtigen. Postkoloniale Studien und Holocaust-Studien können und sollten in einen produktiven Austausch gebracht werden, gerade um die im Namen rassistischer Ideologien und imperial-politischer Projekte ausgeübte Gewalt nuancierter sichtbar zu machen. Bereits in Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft (1962 [1951]) thematisiert Arendt die Kontinuitäten des Kolonialismus und Nazi-Imperialismus. So weist sie zum Beispiel auf das Vorhandensein von Konzentrationslagern im späten 19. Jahrhundert hin, die während des Zehnjährigen Kriegs von den Spaniern auf Kuba (1868–1878) installiert wurden. In diesem Zusammenhang erwähnt sie ebenso jene Konzentrationslager, die von den Briten während des zweiten Burenkriegs (1899–1902) im heutigen Südafrika installiert wurden. Arendt verstand die rassistischen Ideologien und Praktiken des Imperialismus als Vorläufer des Nationalsozialismus und beschrieb den Prozess als »Bumerang-Effekt« des Imperialismus: Die menschenunwürdigen Strategien an den Peripherien infiltrierten schließlich die europäische Innenpolitik.
— Postkoloniale Theorie by María do Mar Castro Varela, Nikita Dhawan (Page 85)
