Diese Missbilligung lässt sich auch innerhalb postkolonialer Studien nachweisen, wo die Thematisierung von Geschlecht häufig als ein gefährliches Ablenkungsmanöver von den eigentlich relevanten Kategorien ›Rasse‹ und Ethnizität verstanden wird. Westlicher Feminismus wurde von antikolonialen Nationalisten geradezu systematisch verteufelt, um die Grenzziehungen zwischen weißen und indigenen Frauen zu stabilisieren (vgl. Gandhi 1998: 96 ff.), weswegen der koloniale Zusammenstoß ohne Weiteres als ein Kampf zwischen konkurrierenden Männlichkeiten gelesen werden kann (vgl. ebd.: 98). Sowohl der Imperialismus als auch der antikoloniale Nationalismus erweisen sich im Wesentlichen als heteronormative und gewalttätige sexistische Projekte, die ihre spezifischen Männlichkeitsvorstellungen durchsetzten, indem sie den jeweils anderen Mann als ›verweiblicht‹ und/oder homosexuell repräsentierten (vgl. Castro Varela/Dhawan 2005).
— Postkoloniale Theorie by María do Mar Castro Varela, Nikita Dhawan (Page 314)