Wie viel von dem märchenhaften Güter- und Mobilitätsreichtum wäre wohl denkbar, wenn der Fiskus nicht ständig über alles die Subventionsgießkanne hielte oder durch - im Übrigen ökologisch katastrophale - steuerliche Vergünstigungen viele elementare Produktions- und Konsummuster überhaupt erst ermögliche. Würden beispielsweise Flugreisen - die bekanntlich den maximalen Klimaschaden verursachen, den ein einzelnes Individuum auf legale Weise erzeugen kann - entsprechend ihrer tatsächlichen Kosten besteuert, könnte wohl nur noch ein sehr kleiner Personenkreis fliegen und Äpfel aus Neuseeland essen. In den unmittelbar davon berührten Branchen würde weniger Einkommen erwirtschaftet. Dies würde die Nachfrage in nachgelagerten Branchen senken, die möglicherweise abermals nachgelagerte Branchen in den Ab- wärtssog zögen... Das ist die Kehrseite einer hochgradig arbeitsteiligen Wirtschaft, deren Leistungsfähigkeit daraus resultiert, dass alles mit allem zusammenhängt.
Kein Wunder also, dass Vater Staat selbst die schlimmsten Klimakiller nicht nur tunlichst vor jeder Besteuerung schützt, sondern nötigenfalls unrentable Flughäfen subventioniert. Im Übrigen würde jedes auch nur zärtliche Antasten handelsüblicher Freiheitsfetische wie Autofahren, Fliegen, Konsumieren, Telekommunizieren oder nach Belieben Einfamilienhäuser bauen mit drastischem Wählerstimmenentzug oder gar Aufständen quittiert. Die Nutznießer eines Lebens über die Verhältnisse sind längst in der Mehrheit. Genau daran scheitert auch die Besteuerung von Einkommen und Vermögen als naheliegende Möglichkeit, die Staatsschulden zu dämpfen.
— Befreiung vom Überfluss: Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie by Niko Paech (Page 21 - 22)