Jensi 🏴🚩 • he/him quoted Was ist Sozialphilosophie? by Martin Saar (suhrkamp taschenbuch wissenschaft, #2453)
Der Einwand Adornos gegen die Ontologie in ihrer ideengeschichtlichen Gestalt und als noch verfügbare Denkform Ist, ganz vereinfacht zusammengefasst, dreifach: Erstens erschleicht sich die Heidegger'sche Ontologie ihre Konkretion durch ein ungeschichtliches Denken: sie geht von einem ganz bestimmten gegenwärtigen Seienden aus und behauptet von ihm, es sei das Konkrete schlechthin. Dies verfehlt die radikale Temporalität und Geschichtlichkeit des Seienden. Zweitens verbirgt die ontologische Rede, dass der Standpunkt, von dem aus über Sein und Seiendes gesprochen und geurteilt wird, eine auch subjektive, über Objektivität nicht direkt verfügende Qualität hat. Irreführend und in einem falschen Sinne essentialistisch ist die Suggestion, daß in der Sprache das Sein selbst unmittelbar redet, ohne daß es durch die Menschen vermittelt wäres. Drittens und damit verbunden ist der Vorwurf, dass diese Suggestion einer subjektunabhängigen Objektivität, die einem souveränen philosophischen Zugriff direkt zugänglich sei, in sich eine autoritäre Struktur insofern hat, als sie die Veränderlichkeit des Seienden leugnet, da die behauptete "Superiorität" oder der "Vorrang des Seins" die politische, menschengemachte Form gesellschaftlicher Tatsachen verbirgt.
— Was ist Sozialphilosophie? by Martin Saar (suhrkamp taschenbuch wissenschaft, #2453) (Page 143)
Adorno wirft der (Heideggerschen) Ontologie also 1. Ahistorizität, 2. Essenzialismus und 3. Depolitisierung vor. ➡️ Adornos methodisches Programm: Dialektik anstatt dogmatischer Ontologie.