Die fundamentale Würde der mehr als sieben Milliarden Menschen anzuerkennen, die heute auf der Welt leben, verlangt von uns, nicht länger zu akzeptieren, dass die einen zu einem Leben voller Mühsal genötigt sind, damit die anderen ihre Freiheit genießen können. Es bedeutet, dass wir die in einer technisch entwickelten Gesellschaft verbleibende Arbeit so unter uns aufteilen, dass jede das Recht und die Macht hat zu entscheiden, was sie mit ihrer Zeit anfängt. Von diesem Standpunkt aus betrachtet ist klar, dass es in der Welt, wie sie heute eingerichtet ist, nichts gibt, was automatisch eine solche Gesellschaft hervorbringen wird. Wirtschaftswachstum befreit uns nie vom Zwang zu noch mehr Wachstum. Lebenserwartung, Bildungsniveaus und der Grad der Verstädterung sind mit der Zeit immens gestiegen, bleiben aber höchst ungleich verteilt. Unterdessen sind die meisten Menschen selbst in den reichsten Ländern derart atomisiert, von materieller Unsicherheit geprägt und ihrer kollektiven Fähigkeiten entfremdet, dass sich ihr Horizont verengt. Wenn Vollautomatisierung sowohl als Traum wie als Albtraum erscheinen kann, dann weil sie nicht zwingend mit menschlicher Würde verbunden ist und nicht von selbst zur Überwindung von Mangel führen wird – ebenso wenig wie das bedingungslose Grundeinkommen.
Würde der Zugang zu Bildung und Gesundheitsfürsorge drastisch erweitert, würden gesellschaftliche Bindungen durch die gemeinsame Aufteilung der notwendigen Arbeiten erneuert, Industrien teilweise vergesellschaftet und massive Investitionen in die Umstellung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien fließen – dann könnte ein Grundeinkommen Teil eines umfassenderen, auf menschliche Freiheit zielenden Projekts sein. Aber auch ganz andere Wege in eine Welt ohne Mangel wären denkbar. Ohne eine klare Vorstellung davon, wie diese kommende Welt aussehen könnte, verliert man leicht die Orientierung.