Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich

Über soziale Ungerechtigkeit in der Strafjustiz

Paperback, 272 pages

German language

Published Oct. 10, 2022 by Bundeszentrale für Politische Bildung.

ISBN:
978-3-7425-0863-8
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OCLC Number:
1347270737

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5 stars (5 reviews)

Die Justiz muss ohne Ansehen der Person, ohne Blick auf Herkunft, sozialen Status oder ökonomische Ressourcen entscheiden. Vor dem Gesetz, so der Anspruch an unseren freiheitlichen Rechtsstaat, sind alle gleich. Ronen Steinke zufolge sehe dies in der Wirklichkeit jedoch anders aus: Wer finanziell und sozial bessergestellt ist, der hat auch im Justizsystem oft Vorteile. Geldstrafen treffen arme Menschen viel empfindlicher als Wohlhabende, Ermittlungen bei Drogendelikten werden überproportional oft bei ohnehin sozial Benachteiligten angestellt, und wohlhabenden Angeklagten fällt es deutlich leichter, die Möglichkeiten des Rechtsstaats voll auszuschöpfen.

Am schlimmsten treffe es, so der Autor, zumeist diejenigen, die ohnehin ganz unten sind. So ist die Ersatzfreiheitsstrafe für nicht bezahlte Geldstrafen zur häufigsten Form der Gefängnisstrafe geworden, etwa für Delikte wie die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ohne Fahrschein oder Ladendiebstahl. Steinke zeigt anhand zahlreicher drastischer Beispiele, wie das Justizsystem arme Menschen benachteiligt, und macht Vorschläge, wie man diese Schieflage beheben könnte.

2 editions

Neue Einblicke, Meinungen und Erkenntnisse in die Justiz

4 stars

Es geht in diesem Buch, dass viele ärmere Leute justizielle Nachteile haben, sei es bei Tagessätzen, Pflichtverteidigung, Anwaltsauswahl, prozessualen Vorgängen oder der Möglichkeit zur Absetzung von Geldstrafen als Betriebsausgaben bei betuchteren Leuten im Falle von Straftaten, die im Unternehmenszusammenhang stehen.

Der Autor erklärt Zusammenhänge teilweise gut verständlich und nachvollziehbar, teilweise aber in meinen Augen zu oberflächlich für einen absoluten juristischen Laien, sodass Recherchen nebenbei empfohlen sind.

Im Grunde eignet sich dieses Buch jedoch, sich basierend auf den Erläuterungen Steinkes neue Meinungen zu bilden und greift beispielsweise anhand des viel diskutierten Beispiels der Haftstrafen für Schwarzfahrende auch die Thematik der sozio-ökonomischen Unterschiede im Strafvollzug anschaulich auf. Teilweise umfassende Fußnoten und Quellenangaben laden zum eigenen Nachvollziehen ein.

Arme haben keine Lobby

4 stars

Einige sehr interessante Denkanstöße inwieweit von Armut betroffene Personen systematisch benachteiligt werden mit einem kurzen letzten Kapitel in welchem Lösungsvorschläge angeboten werden. Man muss nicht allem zustimmen, aber man sollte über die dargelegten Probleme mal nachdenken. Gerade das Drogenkapitel hat mir doch die Augen geöffnet...

Es wird sich aber wohl nichts ändern, denn für arme Personen gibt es kaum eine Lobby.

Negativ aufgefallen ist mir inkonsequentes Gendern. Richter und Richterinnen werden immer getrennt, Straftäter sind dagegen - wenn nicht namentlich erwähnt - generell maskulin.