Verwirrend
Lehrreich
Differenziert
Die indisch-deutsche Studentin Nivedita (Identitti ist ihr Internetname) muss schmerzhaft erkennen, dass die von ihr vergötterte (Wortspiel, sorry) Professorin Saraswati nicht das ist, was sie zu sein schien.
Offenbar hat sie alle angelogen, indem sie sich als Inderin ausgegeben hat, obwohl sie das gar nicht ist. Saraswati ist übrigens der Name eine hinduistischen Göttin. Nun findet sie sich inmitten eines Shitstorms wieder.
Das ist vordergründig die Handlung.
Die Themen des Buches sind aber auch Rassismus(erfahrungen), Identität(suche), Sex, Beziehung, Kolonialismus und wie es sich anfühlt, sich als nicht-weißer Mensch in einer weiß dominierten Welt / Kultur /Subkultur zu bewegen.
Meiner Meinung nach kann dieses Buch sogar ein komplettes Studium von Postcolonial Studies ersetzen, wenn man die zitierte Literatur mit einbezieht (von Frantz Fanon über W.E.B. Du Bois bis hin zu Maya Angelou und Zadie Smith).
Das alles schafft die Autorin, unterhaltsam und ohne schwarz-weiß-Malerei (sorry, noch ein Wortspiel). Besonders witzig fand ich die immer wieder eingeschobenen fiktiven Tweets von realen Online-Aktivist*innen, die passten wie die Faust aufs Auge (im Nachwort habe ich erst gelernt, dass diese Personen die Beiträge tatsächlich auf Bitten der Autorin nur für dieses Buch geschrieben haben!)
Zwischendurch musste ich aber auch heftig schlucken, und zwar, als es um erlebten Rassismus und speziell um den Anschlag von Hanau ging.
Insgesamt verstehe ich dieses Buch als Plädoyer für Streit und Vergebung, Empathie, Perspektivenübernahme – kurzum: Menschlichkeit.
Die wenigen Kritikpunkte , die ich habe, haben nichts mit den Themen des Buches zu tun, deshalb lasse ich sie hier weg.