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Karsten W.

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Naomi Ryland, Natalya Nepomnyashcha: Wir von unten (Hardcover, Ullstein) 4 stars

Auch ein Hartz-IV-Kind muss DAX-Vorstand werden können, sagt Natalya Nepomnyashcha. Die soziale Aufsteigerin und Gründerin …

Von gläsernen Decken und Class-Pay-Gap

4 stars

Natalya N. beschreibt ihren Lebenslauf und den Lebenslauf von anderen Arbeiterkindern (Jörg, Ulrike, Mary, Romy) von der Schule über das Studium bis zur beruflichen Karriere und hebt dabei die Schwierigkeiten hervor, die Arbeiterkinder erfahren. Ergänzend gibt es Interviews mit Experten (Bildungsforschung, Elitenforschung, u.a.). Das Buch endet mit einer Vision, wie eine diverse Gesellschaft, wo soziale Herkunft keine Rolle spielt, aussehen könnte.

Beim Lesen spüre ich die Empörung der Autorin über die Ungerechtigkeiten. Sie ist wütend.

Naomi Ryland, Natalya Nepomnyashcha: Wir von unten (Hardcover, Ullstein) 4 stars

Auch ein Hartz-IV-Kind muss DAX-Vorstand werden können, sagt Natalya Nepomnyashcha. Die soziale Aufsteigerin und Gründerin …

So wie ich, kam auch Natascha im Alter von elf Jahren als Geflüchtete nach Deutschland. Ihre Eltern, beide haben nicht studiert, erhielten sofort eine eigene Wohnung in einem, nun ja, sagen wir, vielfältigen Stadtviertel. Durch zahlreiche lokale Community-Angebote lernten sie schnell viele Menschen kennen und begannen, sich selbst zu engagieren. Natascha knüpfte bald zwei enge Freundschaften.

Die Familie erhielt Unterstützung von einer mehrsprachigen Sozialarbeiterin bei bürokratischen Angelegenheiten. Und als die Sozialarbeiterin merkte, dass die kleine Natascha Schwierigkeiten mit der Umstellung und dem Verlust ihres Zuhauses hatte, bekam sie eine Psychologin zur Seite gestellt.

Natascha besuchte - wie alle Kinder - sofort die örtliche Gemeinschaftsschule. Dort lernte sie in jahrgangsübergreifenden Gruppen, hauptsächlich spielerisch und projektbezogen. Eine Lernbegleiterin unterstützte sie wöchentlich mit einem 9o-minütigen Check-in zu ihren Lerninhalten. Hier konnte sie Schwierigkeiten ansprechen und gemeinsam mit ihrer Lernbegleiterin Erfolge feiern sowie ihre Interessen und Lernpräferenzen erkunden. Später, als sie sich im System wohlfühlte, trafen sie sich nur alle vier Wochen, und Natascha übernahm schnell Verantwortung für ihr eigenes Lernen.

Sie lernte intensiv Deutsch, sowohl im Sprachunterricht als auch durch den Austausch mit den anderen Schulkindern. Diese freuten sich, ihr Deutsch beizubringen, und lernten dabei nicht nur ihre eigene Muttersprache, sondern auch die dahinter liegende Grammatik besser kennen. Zusätzlich lernten sie etwas Russisch, Nataschas Muttersprache. Später würden sie die Möglichkeit haben, diese Sprache als Abifach auszuwählen, neben Türkisch, Arabisch, Englisch und anderen Sprachen.

Obwohl sie keine Noten erhielt, erfuhr Natascha viel Anerkennung und Wertschätzung für ihre Arbeit. Nach acht Jahren entschied sie sich, ihre Abiturprüfungen abzulegen. Bis dahin hatte sie ein starkes Selbstbewusstsein entwickelt, sprach gerne vor Publikum, arbeitete gerne mit anderen zusammen und diskutierte leidenschaftlich gern über politische Themen. Der »KKK«-Ansatz des deutschen Bildungssystems (Kritisches Denken, Kreativität und Kollaboration) prägte ihre Bildungserfahrung.

Wir von unten by , (Page 209)

Naomi Ryland, Natalya Nepomnyashcha: Wir von unten (Hardcover, Ullstein) 4 stars

Auch ein Hartz-IV-Kind muss DAX-Vorstand werden können, sagt Natalya Nepomnyashcha. Die soziale Aufsteigerin und Gründerin …

Die Daten zeigten, dass es im Vereinigten Königreich nur zehn Prozent der Arbeiterkinder in Elite-Berufe schaffen.

Menschen aus den oberen Schichten haben hingegen eine 6,5-mal höhere Wahrscheinlichkeit, dort anzukommen. Und diese Unterschiede sind nicht nur auf Bildungsungerechtigkeiten zurückzuführen. Privilegierte Menschen ohne Hochschulabschluss haben eine mehr als zweimal höhere Wahrscheinlichkeit, es in einen Top-Job zu schaffen, als jemand aus dem Arbeitermilieu ohne Hochschulabschluss. Unterschiede gelten sogar für Arbeiterkinder, die auf Top-Unis waren und Bestnoten bekamen. Es ist immer noch deutlich weniger wahrscheinlich, dass sie in einem Elite-Beruf landen.

Bitter finde ich die Tatsache, dass Arbeiterkinder mit einem Einser-Schnitt sogar weniger Chancen auf einen Elite-Job haben als Privilegierte mit einem niedrigen Zweier-Schnitt.

Und noch etwas kommt hinzu: Die Arbeiterkinder, die es trotzdem in die elitären Berufe schaffen, verdienen deutlich weniger als ihre Kolleginnen aus Akademikerfamilien. Die Studie hat damit unausweichlich feststellen können, dass es neben dem Gender Pay Gap ebenfalls einen Class Pay Gap gibt. Die Forschenden haben herausgefunden, dass Arbeiterkinder im Vereinigten Königreich in vergleichbaren Positionen durchschnittlich 16 Prozent bzw. 6400 britische Pfund weniger verdienen als ihre Kolleginnen aus privilegierten Familien. Wenn man Menschen, die von ganz unten kommen, mit denen vergleicht, die ganz oben gestartet sind, ist der Unterschied sogar noch wesentlich höher, nämlich über 10000 Pfund.

Geschlecht und auch ethnische Herkunft verstärken den Class Pay Gap erheblich. Frauen aus den niedrigsten sozioökonomischen Herkünften verdienen satte 7500 Pfund jährlich weniger als privilegierte Frauen, die wiederum 11500 Pfund weniger verdienen als die privilegiertesten Männer. Besonders groß ist der Unterschied zwischen schwarzen Frauen aus der Arbeiterklasse und weißen Männern, die in privilegierten Verhältnissen aufgewachsen sind. 20000 Pfund verdienen diese Frauen im Jahr weniger als ihre männlichen Kollegen - und das sind diejenigen, die bereits »oben« angekommen sind. Rassismus und Feminismus kann man nicht ohne Klassismus denken.

Wir von unten by , (Page 148)

"Class-Pay-Gap" -- ein neuer Begriff für mich. Macht Sinn.

Naomi Ryland, Natalya Nepomnyashcha: Wir von unten (Hardcover, Ullstein) 4 stars

Auch ein Hartz-IV-Kind muss DAX-Vorstand werden können, sagt Natalya Nepomnyashcha. Die soziale Aufsteigerin und Gründerin …

In der achten Klasse hatte ich dann endlich das Gefühl, die guten Noten lohnen sich. Ich konnte kurz durchatmen. die guten Noten lohnen sich, Ich Konnte kurz durchatmen. Nach oben blicken. Eine Lehrerin hatte die Meldung bekommen, dass es in Bayern ein neues Stipendienprogramm namens »Talent im Land Bayern« geben sollte. Sie bestellte mich in ihr Büro und fragte, ob sie mich dafür nominieren dürfe. Ein überwältigendes Gefühl. Ich war unfassbar stolz.

Dann setzte sie ein Referenzschreiben auf und ich wurde tatsächlich zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Und ein paar Wochen später bekam ich die Zusage! Als Neuntklässlerin wurde ich in den ersten Jahrgang des Stipendienprogramms aufgenommen. Monatlich gab es dafür etwas Geld. Geld, das ich sofort gespart habe. Geld, das bald lebensnotwendig wurde. Außerdem bekam ich Zugang zu Netzwerktreffen und Workshops. Und so kam ich zum ersten Mal in meinem Leben mit Gymnasialkindern in Berührung. Und zwar mit vielen.

Gleich beim ersten Treffen stellte sich heraus, dass ich als Realschülerin eine Ausnahme in dieser Gruppe sein würde. Die anderen, an die ich mich erinnern kann, besuchten durch die Bank das Gymnasium. Sofort waren die Minderwertigkeitsgefühle wieder da, stärker als je zuvor. Ich traute mich anfangs kaum, etwas zu sagen, um mich nicht zu blamieren. Mir schien es naturgegeben, dass auf dem Gymnasium die klügeren Menschen sind. Obwohl wir am gleichen Programm teilnahmen, war ich sicher, dass die anderen auf jeden Fal schlauer sein mussten. Tief in mir wusste ich, dass ich hier bestimmt fehl am Platz war. Bald würde es jemandem auffallen. Und dann würde ich rausfliegen.

Es waren tatsächlich beeindruckende Jugendliche im Programm. Doch als ich auf Partys oder Treffen deren Gymi-Freundeskreis kennenlernte, wurde mir schlagartig klar: Die sind gar nicht alle besser, gar nicht alle schlauer als ich. Während des ersten Stipendiumsjahres wuchs in mir die Zuversicht, auch ich könne das Abitur schaffen. Das war etwas Neues. Zum ersten Mal seit Langem glaubte ich an mich. Zuvor hatte ich mich einfach gefügt. Ich hatte zwar nach der »Sichtung« ein nagendes Gefühl der Ungerechtigkeit gespürt, aber letztlich hatte ich den Lehrkräften geglaubt, als sie sagten: Du bist nicht gut genug.

Mit diesem neuen Selbstbewusstsein und der Information einer Mitstipendiatin, dass der Konrektor des lokalen Gymnasiums ganz nett sei, machte ich etwas, was mein Leben für immer prägen würde. Am Ende der neunten Klasse, mit meinem 1,3-Zeugnis in der Tasche, marschierte ich los und klopfte an dessen Bürotür. Wieder mit rasendem Herzen und schwitzenden Händen ging ich zu seinem Tisch und rückte damit heraus: Ich würde gerne nach den Sommerferien von der Realschule auf sein Gymnasium wechseln. Ob er mir das bitte erlauben würde. Er blickte zuerst verwirrt, dann ablehnend: »Nein«, sagte er. »Wenn Sie auf ein Gymnasium gehörten, wären Sie auf einem.«

Wir von unten by , (Page 46)

Einen ähnlichen Moment hatte ich mit 14, wo es darum ging, ob ich zur Realschule oder aufs Gymnasium gehen sollte.

Paolo Bacilieri: Fun (GraphicNovel, Deutsch language, 2018, Avant-Verlag) 5 stars

Der berühmte Romanautor Pippo Quester schreibt eine Chronik des Kreuzworträtsels. Zusammen mit seinem Bewunderer und …

Profi mit Herz am Werk

5 stars

Der Autor kann zeichnen. Seien es urbane Landschaften, zwischenmenschliche Momente oder Innenansichten, ob schwarz-weiß mit Tinte oder in Farbe — wunderschön. Einige Panel könnte man vergrößert an die Wand hängen, z.B. Richard Simon mit Cousine, Madalfa und Zeno im Gefängnis, der Ratzinger-Witz oder die „so jetzt ist es raus“-Sequenz.

Eine Szene ist stets kürzer als 8-10 Seiten. Dadurch fällt das Lesen leicht. Erreicht wird das durch das Einschieben verschiedener Neben-Episoden. Ob das die Lektorin Lucilla, die am Ende eine Hommage bekommt, empfohlen hat oder dem Autor selbst eingefallen ist, werde ich wohl nicht erfahren.

Étienne Davodeau: Der schielende Hund (GraphicNovel, Deutsch language, 2015, Egmont Graphic Novel) 5 stars

Fabien arbeitet als Museumsaufsicht im Louvre. Als ihn seine Freundin mit zu ihrer Familie nimmt, …

Schöne Lektüre nach einem Paris-Urlaub

5 stars

Wunderschön gezeichnet, einfallsreicher Blick auf die Kunst im Louvre, ein Lebensgefühl aus Frankreich. Hab‘s kurz nach Taniguchis „Wächter des Louvre“ gelesen. Zwei Meister!

Seymour Chwast: Dantes Göttliche Komödie (Hardcover, Detutsch language, 2011, Knesebeck) 5 stars

Ein großer Künstler der Illustration setzt sich in seiner ersten Graphic Novel mit einem genialen …

Ausflug in die Denke einer anderen Zeit

5 stars

Unterhaltsame Reise in die Moralvorstellungen des 14. Jahrhunderts. Ich kann mir vorstellen, dass es ein morbides Vergnügen war, die höllischen Gewalttaten zu visualisieren, sie zu lesen war es auf jedem Fall.

Der Stil erinnert mich an Scott McCloud. Gefällt mir sehr gut.

Highlights des Buches war für die Schlangengrube und später die vier Fragen nach dem Glauben: 1) definiere Glauben. 2) Hast du Glauben? 3) Was ist die Quelle deines Glaubens? 4) Woher weißt du, dass die Quelle wahr ist?

Manuele Fior: Fräulein Else (Paperback, Deutsch language, 2010, Avant) 5 stars

Als junge Wienerin im Urlaub in Italien erfährt Fräulein Else per Brief von der drohenden …

Jedes Panel ein Gemälde

5 stars

…fast als würde die Autorin der Fräulein Else ein Denkmal setzen wollen.

Ich kannte die Novelle bislang nicht und werde die inneren Turbulenzen so schnell nicht vergessen.

Bea Davies: A Child‘s Journey (Hardcover, 2020, Jaja Verlag) 5 stars

Once there was a beginning. It wasn‘t spectacular, at first. I wonder if you felt …

Calvin without Hobbes and with Single Mom

5 stars

Very personal, beautifully drawn. There are references to Calvin & Hobbes. While reading it felt a bit disconnected from the rest of the world, self-related. But then, it‘s a journal, right?

Erik Svetoft: Spa (Paperback, Deutsch language, Luftschacht) 5 stars

Ein frisch vermähltes Paar will seinem gespenstischen Alltag entfliehen, ein Aufenthalt in einem exklusiven Spa …

Moderner Horror

5 stars

Geniales Charkterdesign, super Aufbau der Handlung, unglaublicher Erfindungsreichtum für das Unbeschreibliche. Ein Buch, was ich nicht weglegen konnte.

Den Koch, das Schwein, den Direktor, das Paar, den Betriebsausflug, alles Geschichten, die ich so schnell nicht vergessen werde.

Rebecca Ollerton: Sensory: Life on the Spectrum (Paperback, 2022, Andrews McMeel Publishing) 5 stars

A colorful and eclectic comics anthology exploring a wide range of autistic experiences—from diagnosis journeys …

Informativ

5 stars

Um ehrlich zu sein, habe ich das Buch wegen der Bilder und des Handletterings aus der Bibliothek ausgeliehen. Mir war nicht klar, dass es sich um Autismus dreht.

Und es war spannend einzutauchen in die vielen Perspektiven Betroffener auf das für mich neue Thema. Ich fühle mich sensibilisiert. In manche Symptome und Bewältigungsstrategien kann ich mich hineinfühlen, kenne ich aus dem eigenen Erleben.

Interessant finde ich es auch, so viele Comic-Stile nebeneinander zu sehen. Das macht Lust auf weitere Sammlungen. Ich merke, welche Stile mir gefallen. Hier z.B. waren es „autistic joy“ und „clothing language“, neben anderen.

Lika Nüssli: Starkes Ding (Paperback, Deutsch language, 2022, Edition Moderne) 5 stars

„Inspiriert von der Senntumsmalerei erzählt Lika Nüssli von den jungen Jahren ihres Vaters Ernst als …

Relevante und treffend dargestellte Geschichte

5 stars

Ich mag besonders die Traumsequenzen voller Kuheuter. Hat mich an den ersten Dr. Strange Film erinnert, wo es diese Hände über Hände gab.

Beim Eintauchen in die Zeit vor 80 Jahren frage ich mich, wie sich die unterschiedliche Kindheit damals, zu meiner Zeit und heute sich auswirkt. Ich finde, darum geht es in dem Buch.